Ein Quantensprung
Nicht nur auf dieser Wegstrecke wurde der Forstbetreiber und holzverarbeitende Konzern SCA tatkräftig von ANDRITZ unterstützt. Fast drei Jahre dauerte das Helios-Projekt, das eine grundlegende Modernisierung und Erweiterung der Zellstofffabrik nahe der Universitätsstadt Sundsvall vorsah. Während der gesamten Zeit – und zum Teil auch schon in den Jahren davor – engagierte sich dabei ein großes Expertenteam von ANDRITZ aus Schweden, Österreich, Finnland und Deutschland und arbeitete eng mit SCA zusammen. Die Themen waren vielfältig und reichten von der Planung, Konzeption und Steuerung wesentlicher Teile der Werkserweiterung über die Lieferung und Inbetriebnahme von innovativen Technologien bis hin zum Management der
Arbeitssicherheit.
Fast acht Milliarden Schwedische Kronen investierte SCA in die Modernisierung der Fabrik, an der über die gesamte Projektdauer rund 8.000 Mitarbeiter beteiligt waren. Das im Juni 2018 in Betrieb genommene Werk stellt eine der größten Industrieinvestitionen Schwedens dar, und dafür gibt es vor allem einen wesentlichen Grund: Gebleichter Langfaser-Zellstoff ist weltweit gefragt. In den letzten zehn Jahren betrug das globale Marktwachstum 1,5 bis 2 Prozent pro Jahr. „Wir steigern unsere Jahreskapazität nun sukzessive von 430.000 auf 900.000 Tonnen Langfasersulfatzellstoff“, sagt Ingela Ekebro. Das Erreichen dieses Ziels würde Weltrekord bedeuten. Rund die Hälfte des Produktionsvolumens wird für die eigene Herstellung von Papier verwendet, der restliche Anteil wird an externe Tissuepapier-Hersteller verkauft.
Systemwissen von A bis Z
Auch für ANDRITZ war das Projekt in technologischer und organisatorischer Hinsicht ein großer Brocken. Denn wie schafft man es, eine Zellstofffabrik, die in vollem Betrieb ist, grundlegend zu erneuern und währenddessen die laufenden Arbeiten so wenig wie möglich zu stören? Noch dazu auf engstem Raum: Das Werksgelände wird auf der einen Seite vom Meer, auf der anderen Seite von einer Eisenbahnlinie eingerahmt. Platz ist hier Mangelware, die Logistik gestaltete sich entsprechend kompliziert. Maschinen, Komponenten und Arbeitsmaterial mussten just in time auf die Baustelle geliefert werden, und zwar so, dass sich alle Beteiligten nicht gegenseitig behinderten.
„Gemeinsam mit SCA teilten wir das Gesamtprojekt in mehrere Phasen und Teilprojekte auf, die wir kleinschrittig, flexibel und in enger Abstimmung abarbeiteten“, erinnert sich Henrik Grönqvist, Project Director von ANDRITZ. „Natürlich gibt es bei einem Projekt in dieser Größenordnung zahlreiche technische und organisatorische Hürden“, ergänzt Göran Bröttgårdh, der für ANDRITZ als kaufmännischer Projektleiter den wirtschaftlichen Part des Vorhabens steuerte. „Das A und O war und ist deshalb eine offene, vertrauensvolle und professionelle Kommunikation.“
Ergänzend zur Erweiterung des HERB-Rückgewinnungskessels war ANDRITZ in weitere Prozessbereiche involviert. Insgesamt gab es zehn separate Inbetriebnahmen – fünf in der Weißlaugenanlage, jeweils zwei im Bereich des Holzplatzes und der Zellstofftrocknung und eben den Rückgewinnungskessel. Dabei lieferte und installierte der Konzern folgende Produktionstechnologien und Ausrüstungen: eine Holzentrindungsanlage mit zwei parallel angeordneten Entrindungs- und Hackschnitzellinien, ein neues, energiesparendes Zellstofftrocknungssystem, Rekaustifizierungsmaschinen, die ANDRITZ-LimeFlash-Technologie sowie eine Verbesserung des bestehenden Holzstaubverbrennungssystems zur Kapazitätserhöhung des aktuell verwendeten Drehrohrofens. Sowohl einzeln als auch in Summe tragen diese Komponenten dazu bei, die Leistung und den Wirkungsgrad des Werks zu steigern und den Einsatz von Ressourcen sehr niedrig zu halten.