„Wir suchen permanent nach Möglichkeiten, die in unseren Werken anfallenden Nebenprodukte zu nutzen.“
João Braga, Projekt-Direktor, Klabin
Der brasilianische Zellstoff- und Papierhersteller Klabin hat eine von ANDRITZ gelieferte, innovative Schwefelsäureanlage in Betrieb genommen: SulfoLoop ermöglicht die Produktion von handelsüblicher Schwefelsäure aus den Geruchsgasen der Fabrik. Diese Lösung ist für die Zellstoff- und Papierindustrie völlig neu.
SulfoLoop unterstützt Klabin bei seinen Initiativen zur Kreislaufwirtschaft. Durch die Eigenproduktion von Schwefelsäure werden die Kosten für extern eingekaufte Schwefelsäure deutlich reduziert. Darüber hinaus werden die indirekten CO2-Emissionen gesenkt: Es sind weniger Lkw-Fahrten für den Transport der Schwefelsäure zum Werk erforderlich.
Der Begriff Kreislaufwirtschaft fällt häufig, wenn darüber diskutiert wird, die industrielle Produktion nachhaltig zu modernisieren. Und es ist auch ein ökologischer Gedanke, die Stoff- und Energiekreisläufe so geschickt und vollständig zu schließen, dass Energieaufwand, Emissionen und Abfall deutlich minimiert werden, ja am Ende sogar idealerweise gegen null gehen. Nur, wie wird aus dieser guten Idee Realität?
Im Süden Brasiliens, im Werk Ortigueira des Zellstoff- und Papierherstellers Klabin, lässt sich beobachten, wie man der Kreislaufwirtschaft Schritt für Schritt näherkommt. Hier produziert die weltweit erste Anlage der Zellstoffindustrie handelsübliche, konzentrierte Schwefelsäure aus konzentrierten, geruchsintensiven Gasen, die im Werk selbst entstehen. ANDRITZ war für die Planung, Beschaffung, Errichtung und Inbetriebnahme der Anlage im Werk Klabin verantwortlich und ist seit vielen Jahren einer der Hauptlieferanten des brasilianischen Unternehmens.
João Braga, Projekt-Direktor, Klabin
Etwa 100 Tonnen hochreine Schwefelsäure werden aktuell pro Tag erzeugt. Im Laufe des Jahres 2023 sollen es noch einmal 50% mehr werden. Die Anlage wird dann sowohl die Zellstofflinien „Puma I“ und „Puma II“ des Werks Ortigueira als auch die 25 Kilometer entfernte Nachbarfabrik von Klabin vollständig mit der für die Zellstoffproduktion essenziellen Schwefelsäure versorgen – Säure, die früher arbeits- und emissionsintensiv unter strengen Sicherheitsanforderungen angeliefert werden musste.
Weniger Lkw, weniger CO2-Emissionen „Wir suchen permanent nach Möglichkeiten, die in unseren Werken anfallenden Nebenprodukte zu nutzen“, sagt Klabins Projekt-Direktor João Braga. So werden in Ortigueira bereits unter anderem Sauerstoff, Natriumchlorat und Wasserstoff gewonnen, aber auch Methanol, Terpentin und Tallöl. „Zu den wichtigsten Nebenprodukten gehören aber zweifellos die schwefelhaltigen Gase“, so Braga weiter. „Die Schwefelsäureanlage ist deshalb ein besonders gutes Beispiel, wie wir mit Hilfe von Technologie unsere Stoffkreisläufe schließen.“
Die SulfoLoop-Lösung von ANDRITZ schafft in einer Zellstofffabrik einen internen Produktionskreislauf für Schwefelsäure, der die Kosten für Zusatzchemikalien senkt und schwefel- haltige Abwässer reduziert. Dadurch werden sowohl die umwelttechnische als auch die wirtschaftliche Leistung des Kraftzellstoffverfahrens erhöht. Da die Schwefelsäureanlage strenge Emissionsgrenzwerte erfüllt, verbessert das Verfahren den gesamten ökologischen Fußabdruck der Zellststofffabrik Ortigueira erheblich.
João Braga, Projekt-Direktor, Klabin
Die Anlage habe mehrere Vorteile, sagt João Braga: Erstens muss Klabin keine Schwefelsäure mehr zukaufen und sei damit unabhängig von Preissteigerungen oder Lieferschwierigkeiten. Zweitens wird der wichtigste schwefelhaltige Nebenstrom als Ersatz für die eingekaufte Schwefelsäure verwendet, so dass das Werk mehr schwefel- und natriumhaltige Ströme recyceln kann, wodurch Abwässer vermieden werden. „Und drittens können wir den Lkw- Verkehr, der für den Transport der Schwefelsäure und des Natriumhydroxids zur Fabrik unerlässlich war, um bis zu 85% reduzieren“, fährt João Braga fort. Statt fünf bis sechs 30-Tonnen-Lkw, die jeden Tag 500 Kilometer zurücklegen müssen, wird nur noch ein einziger benötigt, wodurch eine vergleichbare Menge an Kraftstoff und CO2-Emissionen eingespart wird. „Mit dem Ergebnis sind wir sehr zufrieden“, sagt João Braga. Die Produktion laufe stabil, effizient und erfülle alle gesteckten Ziele.
CIRCLE TO ZERO
SulfoLoop ist ein Produkt im Rahmen der ANDRITZ-Initiative CircleToZero. CircleToZero bedeutet, alle chemischen Kreisläufe einer Zellstoffproduktion zu analysieren und zu prüfen, ob sich Nebenströme nutzen, recyceln oder veredeln lassen, um neue Produkte herzustellen.
Dass die Wahl für den Bau und die Inbetriebnahme der Anlage auf ANDRITZ fiel, sei auch eine Folge der langen, vertrauensvollen Zusammenarbeit beider Unternehmen, sagt Francisco Razzolini, Vorstand für Technologie, Innovation und Nachhaltigkeit bei Klabin: „ANDRITZ kennt die Zellstoffproduktion, unsere Werke und unsere Arbeitskultur sehr gut. Das sind elementare Voraussetzungen, wenn man gemeinsam zum ersten Mal eine neue Technologie integriert.“ Zusammen habe man viele Herausforderungen gemeistert, von der schwierigen Planung und der Arbeit während der Pandemie über die umfangreichen Sicherheitsvorkehrungen bis hin zur schrittweisen Optimierung der Schwefelsäureproduktion.
Die Dekarbonisierung steht auf der Agenda von Klabin weit oben, betont Francisco Razzolini: „Wir investieren seit langem in kohlenstoffarme Technologien, wie etwa die Vergasung von Biomasse und die Herstellung von Tallöl.“ Dadurch konnten die CO2-Emissionen pro Tonne Zellstoff, Papier und Verpackung im Zeitraum von 2003 bis 2021 um zwei Drittel reduziert werden. Bis 2035 sollen sie um weitere 49% gegenüber dem Stand von 2019 sinken. „Das ist ein ehrgeiziges Ziel für uns“, sagt der Technikvorstand. „Und wir müssen noch viele Schritte gehen, um es zu erreichen.“ Einer davon ist die neue ANDRITZ-SulfoLoop-Anlage.